29. November 2018

EINE ERFAHRUNGSMACHENDE: DÜZEN TEKKAL IN ROM

In der Päpstlichen Universität Gregoriana hat Düzen Tekkal, Journalistin, Kriegsberichterstatterin und Menschenrechtsaktivistin am Montag, 26. 11.2018 im Rahmen der Diskussionsveranstaltung zum Thema „Immigration. Understanding and Proposals“ gesprochen. In ihrem Statement stellte sie u.a. die Gemeinsamkeiten des traurigen Schicksals von Christen und Jesiden in den Vordergrund, die im mittleren Nahen Osten verfolgt und „entmenschlicht“ werden. Sie warnte vor der „Reduzierung auf Religion“, unterstrich jedoch den „Identitätsstiftenden Faktor“ von Religionsgemeinschaften. Ihre Eltern, die vor rund 50 Jahren als Verfolgte in Deutschland aufgenommen wurden, hätten vor allem in den christlichen Kirchen Aufnahmen, Schutz und Unterstützung gefunden, so Tekkal.

Beim Thema Integration stellte Tekkal die Rolle der Frauen in den Vordergrund: „Bei der Lösung der Migrationsfrage führt kein Weg an den Frauen vorbei“, so Tekkal. Integration bedeute für Sie vor allem Emanzipation – von Frauen aber auch von Männern, die sich von gesellschaftlich aufgestülpten Identitätsmustern befreien müssten. Jedem einzelnen müsse diese Emanzipation gelingen, ohne die eigene Identität aufzugeben.

Demokratie sieht Frau Tekkal durch „die bösen Zwillinge“ bedroht: Auf der einen Seite durch Rassismus und Populismus – auf der anderen Seite durch religiöse Fundamentalisten. Hier müsse Politik und Gesellschaft wachsam sein. Politik dürfe nicht konsumiert, sondern müsse durch die Bürger gestaltet werden. Hier wünscht sich Tekkal mündige und informierte Menschen, die für ihre Werte eintreten und diese verteidigen. Die „Schweigespirale“ müsse durchbrochen und jene, die „unsere Werte mit Füßen treten“ bestraft werden, so Tekkal.

Das Thema „Vielfalt stärken und schützen“ stand im Fokus der Diskussionsveranstaltung am 27.11.2018 in der Konrad-Adenauer-Stiftung in Italien. Zum Auftakt zeigte die KAS einen Ausschnitt aus dem von Tekkal produzierten Dokumentarfilm „Háwar – Meine Reise in den Genozid“. In einem kurzen Impuls ging Tekkal u.a. auf das unterschiedliche Werteverständnis der Jesiden ein. Sie selbst sei in Unfreiheit geboren worden und habe sich ihre Freiheit erkämpfen müssen, so Tekkal. Sie warnte davor, dass die Wertevermittlung in Deutschland lange vernachlässigt worden sei. Auch das Thema Integration sein ihrer Einschätzung nach nicht richtig vermittelt worden. Bei der Angst vor dem Terror in Europa müsse man sich auch ins Bewusstsein rufen, dass Europa den „Terror in Form von Menschen exportiert hat, die nicht zu Demokraten erzogen wurden“, so Tekkal. Sie forderte einen „Verfassungspatriotismus als Antwort auf einen dumpfen Nationalismus“ ohne das Konzept von Jürgen Habermas zu benennen oder weiter darauf einzugehen. Vielmehr forderte sie dazu auf, „neu zu lernen, ganz anders zu kämpfen und die Demokratie zu verteidigen“.

Neben den beiden Vortragsveranstaltungen war die Menschenrechtsaktivistin auch zu Gesprächen in Rom. Treffen fanden u.a. im Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog mit Dr. Markus Solo Kewuta SVD sowie im Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen, Pascale Debbané, Regional Coordinator – Middle East, statt. Im politischen Umfeld traf sie mit Flavia Nardelli zusammen, Abgeordnete der PD (Partito Democratico), Mitglied des Kulturausschusses und ehemalige Vorsitzende des Kulturausschusses (bis 2018). Ferner standen treffen mit der katholischen Laienbewegung Sant’Egidio und dem Malteserorden auf dem Programm.