11. Juli 2025 – Alles

10 JAHRE HÁWAR.help: EIN MOMENT DES INNEHALTENS, DES ZUSAMMENHALTS UND DER DANKBARKEIT

“Wir müssen jetzt entscheiden als Gesellschaft: Was ist unsere Währung – Hass oder Hoffnung? Wir mit HÁWAR.help haben uns für Hoffnung entschieden.” – HÁWAR.help Gründerin Düzen Tekkal

Ein Versprechen an die Menschlichkeit:
Mit einem festlichen Abend und starken Stimmen hat die Menschenrechtsorganisation HÁWAR.help ihr 10-jähriges Bestehen gefeiert. Über 300 geladene Gäste aus Politik, Medien, Kultur und Zivilgesellschaft kamen in Berlin zusammen, um eine Organisation zu würdigen, die aus dem Schmerz eines Völkermords geboren wurde – und heute für Hoffnung, Menschlichkeit und Solidarität steht.

10 Jahre HÁWAR.help – zwischen Gedenken, Zusammenhalt und Zukunftsmut 

Den Auftakt des Abends bildete ein musikalischer Beitrag des renommierten Pianisten Igor Levit, der mit seinem Spiel den Ton setzte: für einen Abend zwischen Schmerz und Gedenken, Aufbruch und Solidarität.

Durch das Programm führte Shila Behjat, Journalistin und Autorin. Als Angehörige der verfolgten Religionsgemeinschaft der Baha’i eröffnete sie den Abend mit einem eindringlichen Appell an die Kraft von Selbstwirksamkeit und der eigenen Stimme: „Wenn jemand heute hier ist mit einer kleinen Unsicherheit, mit einem kleinen Fragezeichen im Herzen, dann können wir heute von allen lernen; dass Betroffenheit nie ein Schicksal ist, sondern dass wir immer zu Protagonist:innen werden können dieses Schicksals. Das macht HÁWAR.help und die fünf Gründerinnen ganz besonders aus.“

In ihrer gemeinsamen Eröffnungsrede blickten die fünf Gründerinnen von HÁWAR.help – Düzen, Tuna, Tezcan, Tuğba und Tülin Tekkal – auf die Anfänge der Organisation zurück und auf die Verantwortung – und an die Verantwortung, die daraus erwächst:

„Ein Jubiläum zwingt einen, innezuhalten. Wir sind immer noch eine Konfrontation. Wir sind auf der Asche des Völkermords an unserer Religionsgemeinschaft – der Jesiden – gegründet. Ich möchte euch und ihnen heute sagen: Wer nah am Tod ist, ist auch nah am Leben. Leben ist Widerstand“, betonte Düzen Tekkal, „Wir müssen jetzt entscheiden als Gesellschaft: Was ist unsere Währung – Hass oder Hoffnung? Wir mit HÁWAR.help haben uns für Hoffnung entschieden. Wir haben alleine angefangen, aber wir sind nicht mehr alleine.“

Tülin Tekkal ergänzte: „In diesen 10 Jahren – in denen wir so vielen Menschen begegnet sind, unseren Mitarbeitenden, an alle, die hier stehen – ihr seid alle Teil davon. Wir sind alle gemeinsam gewachsen.“

Tuğba Tekkal sprach über ihr SCORING GIRLS*-Projekt: „Wir gehen vor, wir machen und wir unterstützen die Menschen in unseren Projekten.“ Sie übergab das Mikrofon an Kendah, eine der Projektteilnehmerinnen, die vor wenigen Tagen ihr Abiturzeugnis erhielt: „SCORING GIRLS* ist mehr als eine Familie, ich habe auch etwas sehr, sehr wichtiges gelernt: Es ist schwer laut zu sein, es ist schwer Mut zu haben – aber es wird leichter, es wieder zu tun. Und es ist wichtig, weiterzumachen, weil ich damit auch ein Vorbild für andere Mädchen sein kann.“

Abschließend betonte Düzen Tekkal: „Hier sind Menschen unter uns, deren Eltern von den Taliban ermordet wurden; Menschenrechtsorganisationen wie HENGAW, die die Menschenrechtsverletzungen in Iran sichtbar machen; Überlebende von Genoziden – Menschen, die im tiefen Schmerz sitzen. Wir als Gesellschaft müssen diesen Menschen nicht erklären, wie sie leben sollen. Wir müssen Solidarität zeigen, und zwar allen!“.

Mariam Claren, Mitinitiatorin des HÁWAR.help-Patenschaftsprogramms für politische Gefangene im Iran, erinnerte an den Mut und die Ausdauer derer, die für Freiheit kämpfen – und an ihre Mutter Nahid Taghavi, die Anfang dieses Jahres nach über 1.500 Tagen Haft im berüchtigten Evin-Gefängnis endlich freikam: „HÁWAR kommt aus dem kurdischen und bedeutet um Hilfe bitten – einen Hilferuf senden. HÁWAR.help hat mir und meinen Kolleginnen Mina Khani und Daniela Sepehri damals eine Heimat gegeben für unsere Arbeit zur Freiheitsbewegung in Iran und den politisch Gefangenen.” In ihrer Rede betonte sie die Dringlichkeit internationaler Aufmerksamkeit für politische Gefangene und die Kraft zivilgesellschaftlicher Solidarität – aber auch wie wichtig finanzielle Unterstützung für NGOs ist: „Heute stehe ich nicht mehr hier als Betroffene, heute stehe ich hier als Leiterin der Iran-Sektion bei HÁWAR.help. Jeden Tag erreichen uns Hilferufe von Betroffenen, von den Familien der zu Tode verurteilten Menschen, von den Familien der Hingerichteten. Jeden Tag versuchen wir alles, um diesen Hilferuf gerecht zu werden. Dafür brauchen wir Hilfe, bitte unterstützt uns!“

Ein emotionaler Höhepunkt war der Auftritt der Sängerin Ayda Rastgoo, die mit ihren Liedern eine Brücke zur Freiheitsbewegung in Iran schlug – einem weiteren zentralen Wirkungsfeld von HÁWAR.help: „Inmitten aller Stürme auf der Welt – Kriege, Konflikte – die Organisation steht für mich für Hoffnung, Menschlichkeit und Zusammenhalt. Das tut HÁWAR.help seit 10 Jahren.“

Bärbel Bas, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, würdigte in ihrem Grußwort die gesellschaftliche Relevanz von HÁWAR.help – und unterstrich die unverzichtbare Rolle zivilgesellschaftlicher Initiativen im Kampf für Menschenrechte: „Ich möchte heute die Gelegenheit sagen: Danke für die 10 Jahre. Was ihr leistet, ist eine ganz besondere Aufgabe. Das ist mir auch klar geworden, als ich mit Mariam Claren gesprochen hatte.“ Mit ihrer Patenschaft hatte sich die Bundesministerin für die Freilassung von Nahid Taghavi eingesetzt. „Mir persönlich gefällt dieses Projekt SCORING GIRLS* so wahnsinnig – ihr empowered ganz viele Mädchen, die vieles erlebt haben.“

Den kulturellen Höhepunkt des Abends bildete die jesidische Gruppe: Mit Gesang und Tanz machten sie eindrucksvoll deutlich, wie tief kulturelle Wurzeln, Widerstand und Hoffnung miteinander verwoben sind. „Wir tanzen heute nicht um zu zeigen, wer wir sind, sondern um zeigen: wir sind noch hier! Wir leben noch!“

Layla Mirza und Jihan Alomar, beide Überlebende des Genozids an den Jesiden im Jahr 2014, sprachen als Botschafterinnen ihrer Gemeinschaft eindrucksvoll über Widerstandskraft, kulturelle Identität und die anhaltende Notwendigkeit internationaler Solidarität: „Tag für Tag werden wir alle daran erinnert, dass der IS und das, was uns angetan wurde, immer noch aktuell ist. Bis heute weiß ich nicht, wo mein Bruder ist. Er wurde vom IS verschleppt. Lebt er noch? Er wäre heute eigentlich 25. Oder mein Vater – der, seitdem wir gefangen genommen wurden – verschwunden ist. Umso wichtiger ist unsere Arbeit: Mit HÁWAR.help können wir Überlebende zeigen und unsere Stimmen erheben: Wir sind hier, wir lassen uns als Gemeinschaft durch den IS nicht kaputt machen.“, erklärte Jihan Alomar.

Layla Mirza teilte mit dem Publikum ihre Geschichte: „Ich war 10 Jahre alt, als meine Mutter zu mir kam und sagte: Wir müssen jetzt fliehen. Nach 24 Stunden war mein Leben, unser aller Leben, nie wieder das gleiche. Wir mussten kämpfen, um zu überleben. Am 3. August 2014 wurden wir entführt, versklavt, verschleppt, ermordet. Jesidische Frauen sind bis heute in Gefangenschaft. Ich bin heute hier um für sie zu sprechen.“ Als Kind traf sie Düzen Tekkal in einem Flüchtlingslager in der Türkei: „Düzen hat 2014 nicht weggeschaut, obwohl sie es hätte machen können – sie hat damals in Deutschland in Sicherheit gelebt. Sie hat mich gefragt: Will jemand etwas sagen? Ich konnte sagen, was den Jesiden angetan wurden. Heute kämpfen wir Hand in Hand für Frauen und für ihre Rechte, für Menschenrechte, für ein Stück Heimat, das ich verloren hab.“

10 Jahre für Menschenrechte, Bildung und Selbstwirksamkeit

Unter den Gästen befanden sich neben Überlebenden und Projektmitwirkenden zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Zivilgesellschaft und Medien wie Annalena Baerbock, Jo Schück, Balbina, Mitri Sirin, Katrin Eigendorf, Minu Barati, Alexander Schwarz, Khesrau Behroz, Friederike Behrends, Esra Vural, Sadaf Zahdedi und zahlreichen Weiteren.

Düzen Tekkal dankte in ihrer Rede allen Unterstützer:innen, Fördergeber:innen und Wegbegleiter:innen der vergangenen Jahre – für das Vertrauen, die Solidarität und den gemeinsamen Einsatz für eine gerechtere Welt.

10 Jahre Engagement – ein Blick zurück, ein Versprechen nach vorn

Im zehnten Jahr ihres Bestehens blickt HÁWAR.help auf Erfolge und Meilensteine unserer Menschenrechtsarbeit – und richtet den Blick nach vorn: Auf eine Zukunft, in der politische Solidarität, öffentliche Sichtbarkeit und gesellschaftliche Verantwortung keine Ausnahme, sondern Grundpfeiler einer gerechten Welt sind. Das Jubiläum war nicht nur Rückblick, sondern ein kraftvoller Ausblick auf das, was noch kommt – getragen von Mut, Gemeinschaft und Menschlichkeit.

Als Schallverstärker geben wir jenen eine Stimme, die oft überhört oder vergessen werden – durch die Kraft von Begegnung auf Augenhöhe. Wir glauben an radikale Hoffnung und die Veränderungskraft des Miteinanders.

Ein Zeichen setzten – jetzt unterstützen

Unsere Arbeit für Überlebende, Betroffene und universelle Menschenrechte ist nur möglich mit Ihrer Unterstützung. Helfen Sie uns, Bildungsprojekte, Aufklärungsarbeit und Schutzprogramme fortzuführen – für eine gerechtere Welt, in der Würde, Teilhabe und Sicherheit kein Privileg, sondern ein Recht sind.

Danke für euer Vertrauen – und für alles, was wir noch gemeinsam bewegen können

Zehn Jahre HÁWAR.help wären ohne das Vertrauen, die Unterstützung und das Mitwirken so vieler unterschiedlicher Menschen, Wegbegleiter:innen, Organisationen und Fördergeber:innen nicht möglich gewesen.

Wir danken von Herzen allen, die diesen Weg mit uns gegangen sind – und all jenen, die uns auch in Zukunft begleiten, stärken und sichtbar machen. Eure Unterstützung schenkt uns Rückenwind. Und sie ist ein Versprechen: Dass wir weitermachen. Für all diejenigen, deren Stimmen sonst zu oft ungehört bleiben.

 

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